Nachdem ich bereits mit Malto in der Antithese 11 darüber gesprochen habe, ob Videospiele in den über 30 Jahren ihrer Existenz inzwischen die nötigen Mittel entwickelt haben, um Geschichten richtig erzählen zu können, stelle ich genau diese Frage heute jemanden aus der Branche Videospielentwicklung.
Denn mein heutiger Gast Fabian Fischer ist genau das: Spieleentwickler – um genau zu sein ist er Game-Designer – bei einem deutschen Videospielentwickler. Und daher für mich der optimale Ansprechpartner, um über das Thema zu besprechen und eine weitere Perspektive, die ich bei dieser Frage dabei haben wollte.
Als erstes kommen wir darauf zu sprechen, wie schwierig es überhaupt ist Videospiele mit ihrem Gameplay und Storytelling unter einen Hut zu bringen. Denn immer wieder sieht man, dass dieses Medium sich an anderen etablierten Medien orientiert. Ein Punkt der nicht neu ist, denn auch schon Malto und ich kamen darauf zu Beginn zu sprechen. Wobei Fabian und ich ziemlich schnell bei dem Aspekt ankommen, der Videospiele von den anderen Medien abhebt. Damit ist natürlich die Interaktivität gemeint.
Diese neue Stärke dieses jungen Mediums, ist aber gleichermaßen auch ihr größtes Problem. Denn dadurch sind die altbekannten Muster des Storytellings auf Spiele schwerer übertragbar. Dies sieht man schnell einmal, wenn Mechaniken für die Handlung als relevant dem Spieler präsentiert werden, am Ende dies aber doch nur Augenwischerei ist.
Vielleicht liegt aber die Chance darin Storytelling in Videospielen zu verbessern im Bereich der Indiespiele? Denn dadurch, dass diese keine mehrere Millionen als Budget zur Verfügung haben, müssen sie durch besondere Mechaniken, besondere Geschichten oder eben die überaus gelungene Verschmelzung von beidem aus der großen Masse an Spieleangeboten herausstechen.
Erneut habe ich am Ende des Gesprächs das Gefühl nur die Spitze des Eisberges gesehen zu haben, dabei haben Fabian und ich viele andere, spannende Aspekte – im Vergleich zu meinem Gespräch mit Malto – angesprochen. So viel worüber sich bei diesem Thema noch reden ließe…
Weitere Informationen
Gast: Fabian Fischer
Weiterführende Links zu Fabian:
Fabians Facebook Profil
Sein Blog: Ludokultur
Die Website zum Kartenspiel, welches er zusammen mit Dario Reinhardt herausgebracht hat: Crimson Company
Ergänzendes zu den Themen der Folge:
1) Da ich mal wieder den Podcast von André Peschke und Jochen Gebauer erwähne, da ich Fabian von dort kenne, will ich natürlich auch nicht den Link dorthin unterschlagen:
The Pod | Das Spielemagazin zum Hören
2) Dies sind die Texte von Fabian Fischer, welche er zum Thema Storytelling in Videospielen bereits veröffentlicht hat:
– Spiele als geschichtenerzählendes Medium
– Lasst Hollywood aus dem Spiel!
– Solve et coagula: Ludonarrative Synthese
– Wahre Spiele(r)helden
– Heldenreise? Mottenkiste!
3) Zur Erinnerung hier noch einmal die Links zu den gesamten Videos, die ich mir zur Vorbereitung auf diese und der Folge mit DonMalto zum Thema Storytelling angesehen habe:
– In Bioshock schießen alle daneben – und 19 andere geheime Gameplay-Hilfen
– Storytelling im Gaming – Wie Videospiele Geschichten erzählen
– Narrative vs Gameplay—Evoking Player Reaction
– The Art of Storytelling in Video Games
– How To Start Your Game Narrative – Design Mechanics First
– Video Games: The Future of Storytelling | Noelle Warner (TED Talk)
– Death to the Three Act Structure! Toward a Unique Structure for Game Narratives | Richard Rouse III & Tom Abernathy (GDC Talk)
– Amnesia and Story Structure – Character Development in Fallout: New Vegas
4) Der gute Sirus haut die Podcasterwähnungen und -empfehlungen hier wieder raus, daher darf der Link selbstverständlich an dieser Stelle nicht fehlen:
Spielkinder unter Supervision
5) Alle im Podcast erwähnten Videospiele:
– What Remains of Edith Finch
– Mass Effect
– Heavy Rain
– BioShock (Als Spielereihe)
– Papers, Please
– Gone Home
– Brothers: A Tale of Two Sons
– Undertale
– Tetris
– This War of Mine
– Soma
– FTL: Faster than light
– The Last of us
– Mario (Als Spielereihe)
– Amnesia (Als Spielereihe)
– Resident Evil (PS1)
– Silent Hill 2
– The Walking Dead (Telltale)
– Uncharted (Als Spielereihe)
– Fallout (Als Spielereihe)
– King of Dragon Pass
– Left 4 Dead
Hallo,
Stichwort Limitation; diesen Punkt finde ich ziemlich interessant. Mit Bezug auf das Gameplay kann diese Limitation nämlich einen großen Einfluss auf den Spieler haben, wie ich finde.
Beispiel Dark Souls: Die sogenannten Leuchtfeuer in Dark Souls sind so mit das Wichtigste für den Spieler. Sie dienen als klassische Checkpoints und manche davon funktionieren nur, weil es eine dazugehörige „Feuerhüterin“ gibt. Doch eines Tages wird eine Hüterin von einem anderen NPC getötet (den man als Spieler selbst befreit hat) und das Leuchtfeuer erlischt und kann nicht mehr als Checkpoint genutzt werden.
So ist der Spieler direkt in diese Story des „Mordes“ involviert, weil es eine tatsächliche Auswirkung auf sein Spiel hat.
Ein anderes Beispiel wäre es, wenn mein Hauptcharakter auf einem Auge erblinden würde und die Sicht des Spielers dadurch eingeschränkt wird. Wenn der Spieler dadurch öfters Scheitern würde hätte, das sicherlich auch einen verstärkenden Effekt auf diese Geschichte.
Die Frust-Toleranz bei den Spielern sollte man bei diesen Techniken aber auch immer beachten 😀
Hallo Diego,
vielen Dank für deinen Kommentar. Bezüglich der (teilweisen) Erblindung des Protagonisten, musste ich direkt an das Videospiel „Perception“ denken. Es handelt sich dabei um ein Horrorspiel, bei dem man eine blinde Frau spielt, die sich in einem Haus bewegt, wo offenbar auch ein Monster unterwegs ist. Man hat dabei einen Stock, den man auf Tastendruck auf den Boden schlagen kann, wodurch man die Umgebung kurz „sehen“ kann. Dabei funktioniert das Ganze wie das Echolot einer Fledermaus. Sprich durch den Schall und wie er sich im Raum verteilt / bricht, wird das „Gesehene“ eher im Kopf der Protagonistin erzeugt. Das Problem ist nur, dass je mehr Lärm man macht, man umso eher das Monster auf die eigene Fährte bringt. Ergo muss man sich immer wieder entscheiden, ob man blind herumlaufen will oder einen kurzen Moment des Sehens riskieren will.
Zumindest wirkte das Spiel aus den Trailern so und ist etwas was ich unbedingt irgendwann einmal noch nachholen möchte.
Generell finde ich den Punkt der Limitation auch in Hinsicht zur Erschaffung besonders dichter Atmosphäre spannend. Mir fallen in dem Punkt zusätzlich noch „Rogue Legacy“ oder auch „White Night“ ein.
Ach ja, noch etwas anderes. Mir wird dein Kommentar irgendwie zweimal angezeigt. Ich vermute hier einen technischen Fehler. Da ich ihn einmal freigeschaltet habe, würde ich die Kopie löschen, wenn das für dich okay ist.
Ansonsten dir noch einen schönen Tag
Ihr beide habt mir einen zu realistischen bzw. simulatorrischen Ansatz 🙂
Ich verstehe Fabian mit den interessanten Entscheidungen als versteckte Informationen in einem Spielsystem. So was wie die Kartenhand des Gegners. Es geht darum, dass man gut raten/einschätzen soll und nicht durch einfaches Durchrechnen (fast) aller Möglichkeiten zum besten Ergebnis kommt. Ein Problem, dass unter anderem Go hat.
Simulationen sind bei sowas nie einfach.
Ein längeres Feedback ist in Arbeit.
Die Folge hat mich sehr gefreut und ich habe mich nicht gelangweilt. Obwohl ich mich ja mit Fabian viel unterhalte und die Grundbotschaft kenne, waren da so einige Details die auch mir so neu waren. Das ganze gesprochen zu hören ist nochmal was anderes.
Wirklich was kritisieren kann ich nicht. Fabian hat dir bei allem die passenden Entgegnung und Erklärung gegeben.
Da her ist jetzt doch auch das Feedback nicht übermäßig lang.
Einzig habe ich jetzt habe ich jetzt keinen Nachtrag mehr zur Korrektur der drei Storyarten gehört. Aber davon war ja auch viel im Gespräch und wenn es tiefer interessiert, der wird sich vermutlich die Artikel selbst anschauen.
Ich frage mal zurück: Wie war den jetzt im Nachhinein die Folge für dich? (ohne zu viel mit Hinblick auf kommenden Folgen zu verraten)
Schwingt jetzt noch was davon nach?
Hast du irgendwo noch Fragen? 🙂
Viele Grüße
Sebastian